Dass es im Dienst für den Herrn Hindernisse gibt, sehen wir in Markus 6 und 7. Kaum hatte der Herr die zwölf Jünger zu sich gerufen und zum Dienst ausgesandt (s. Mk 6,7-13), lernten sie diese Hindernisse kennen:
Ähnliches können auch wir im Dienst für den Herrn erleben. Wir wollen uns den zweiten Punkt „eigenes Unvermögen“ näher anschauen, weil er uns etwas über uns selbst erkennen lässt.
„Er aber spricht zu ihnen: Wie viele Brote habt ihr? Geht hin, seht nach. Und als sie es erfahren hatten, sagen sie: Fünf, und zwei Fische“ (Mk 6,38).
„Und er nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte auf zum Himmel, segnete und brach die Brote und gab sie seinen Jüngern, damit sie sie ihnen vorlegten; und die zwei Fische verteilte er unter alle“ (Mk 6,41).
Der im Neuen Testament am häufigsten für „dienen“ gebrauchte griechische Begriff ist „diakonéo“. Er bedeutet: für jemand anderen sorgen, ihn bedienen. Das umfasst viele unterschiedliche Aufgaben.
In unserer Begebenheit geht es darum, dass die Jünger dem Volk, das sich auf den Befehl des Herrn Jesus gelagert hatte, Nahrung geben sollten, weil es nichts zu essen hatte. Auch heute noch kann es erforderlich sein, jemandem zunächst einmal etwas zu essen oder saubere und intakte Kleidung zu geben, um grundlegende Bedürfnisse des täglichen Lebens zu decken. Gerade für Seele und Geist ist aber auch die geistliche Nahrung sehr wichtig.
Es gibt viele verschiedene Bereiche, in denen wir anderen „geistliche Nahrung“ geben können: in der Familie, in der örtlichen Versammlung, in der Kinder- und Jugendarbeit, in der Seelsorge, aber auch da, wo wir Ungläubige antreffen.
Manche dieser Dienste sollten eigentlich selbstverständlich sein, zum Beispiel der von Eltern an ihren Kindern. Für andere Aufgaben bekommen wir besondere „Einzelaufträge“ vom Herrn.
Letztlich hat jeder von uns in irgendeiner Form eine solche Aufgabe. Da ist es gut, dass uns das Markusevangelium den Herrn Jesus als den vollkommenen Knecht und Diener zeigt, der uns viele praktische Hinweise auch für diesen Dienst gibt.
Als der Herr aus dem Schiff steigt, sieht Er am Ufer die große Volksmenge – allein fünftausend Männer –, die auf Ihn wartet (s. V. 34). Es sind orientierungslose Menschen, wie Schafe ohne Hirten, die dringend geistliche, aber auch materielle Nahrung brauchen.
Der Herr, der davon innerlich berührt ist, kümmert sich zuerst um das geistliche Bedürfnis, indem Er sie lehrt. Aber auch die materiellen Bedürfnisse dieser armen Menschen will Er stillen – auf den ersten Blick eine unmögliche Aufgabe.
Bevor Er seine Jünger damit beauftragt, kommen diese schon auf Ihn zu und bitten Ihn, die Volksmengen zu „entlassen“. Sie sehen die Bedürfnisse der Menschen und es ist ihnen auch bewusst, dass geholfen werden muss. Kein Wunder, dass sie den Herrn bitten, die Volksmenge dort hinzuschicken, wo sie sich selbst etwas zu essen besorgen kann. Der Gedanke, dass der Herr hier eine Aufgabe für sie hat, ist ihnen in diesem Moment noch fremd. Dahin will der Herr sie aber nun führen.
Wie oft geht es uns ebenso und wir erkennen die Aufgabe des Herrn an uns nicht. Oder wir sehen sie, versuchen aber, ihr auszuweichen: Bei Fragen, die uns gestellt werden, wechseln wir schnell das Thema. Wir gehen Menschen aus dem Weg, die Probleme mit sich herumschleppen. Wir ducken uns weg, wenn wir Verantwortung übernehmen sollen.
Bei den Jüngern lässt der Herr das nicht zu. Er gibt ihnen jetzt genau die Aufgabe, die Er für sie vorgesehen hat. Nicht um sie bloßzustellen, sondern weil sie etwas lernen (und vor allem Ihn selbst kennenlernen) sollen. Er sagt: „Gebt ihr ihnen zu essen“ (V. 37).
Statt den Herrn zu fragen, was sie tun sollen, um diesen Auftrag zu erfüllen, rechnen sie und merken, dass es für sie unmöglich ist: Um für alle Essen zu kaufen, brauchen sie 200 Denare, ungefähr zwei Drittel des damaligen Jahresverdienstes eines Tagelöhners.
Wie oft verhalten wir uns im Dienst wohl auch so? Anstatt Ihm einfach zu sagen, dass wir nichts haben, versuchen wir, Ihm zu erklären, warum etwas nicht „funktionieren“ kann.
Aber der Herr geht der Sache auf den Grund: „Wie viele Brote habt ihr? Geht hin, seht nach“ (V. 38). Dann bringen sie fünf Brote und zwei Fische zu Ihm; praktisch nichts im Vergleich zu dem, was erforderlich war. Mehr haben sie nicht und selbst das muss ihnen ein kleiner Junge zur Verfügung stellen (s. Joh 6,9). Aber Er nimmt das Wenige entgegen und macht – nachdem Er gebetet hat – daraus so viel, dass alle satt werden und sogar noch übrig bleibt.
Die Jünger erfahren, dass der Herr aus dem Wenigen, was sich fand, Segen im Überfluss für andere macht.
Wenn der Herr uns die Aufgabe gibt, anderen geistliche Nahrung zu geben, dann geht es uns oft so wie den Jüngern: Wir spüren unser Unvermögen und sehen, wie wenig wir haben, das wir Ihm bringen können.
Wir wollen uns gerne fragen, woran das liegen kann, dass wir oft so wenig haben. Oder auch, warum wir manchmal glauben, dass das Wenige für einen Dienst nicht reicht. Vielleicht finden wir eine Antwort, wenn wir etwas über die Brote und Fische nachdenken:
In erster Linie sprechen die Brote vom Herrn Jesus selbst als dem „Brot des Lebens“ (Joh 6,35). Er ist vom Vater gesandt, damit wir durch Ihn ewiges Leben haben können, Er ist aber auch die Nahrung auf unserem Weg.
In dieser Begebenheit zeigen uns die Brote aber auch einen praktischen Aspekt im Dienst: Die Herstellung von Brot ist mit Arbeit verbunden.[1]
Man muss ein Feld bestellen, Saat aussäen, das reife Getreide schneiden und ernten, Korn dreschen und zu Mehl mahlen und schließlich Teig herstellen und backen.
Für uns heißt das: Wollen wir dem Herrn etwas bringen, das Er dann durch uns an andere als geistliche Nahrung weitergeben kann, müssen wir vorher „arbeiten“:
Das Ergebnis dürfen wir dann Ihm – wie die Jünger die Brote – im Gebet bringen. Er kann es zur richtigen Zeit verwenden und vermehren.
Bei den Fischen sehen wir etwas anderes. Häufig sind Fische in der Bibel ein Bild von Segen im Überfluss, den Gott den Menschen schenkt (s. 1. Mo 1,21.22.26; Hes 47,9.10). Um an Fische zu kommen, muss man „nur“ das Netz ins Wasser werfen oder eine Angel auswerfen. Natürlich ist es Arbeit, die Fische zu fangen, aber es ist Gott, der sie ins Dasein ruft und leben lässt.
Wenn wir geistlichen Fleiß angewandt haben und Ihm „Brote“ bringen durften, dann erleben wir, dass Er aus der Fülle seiner Gnade zusätzlich etwas dazugibt. Interessanterweise fragt der Herr die Jünger in Vers 38 nur nach Broten, nicht nach Fischen (obwohl die meisten von ihnen Fischer waren)! Trotzdem sind die Fische da, denn der kleine Junge hat auch sie dabei. Von beidem, Broten und Fischen, bleibt übrig. Aber nur das übrig gebliebene Brot wird zahlenmäßig erfasst.
Wir sehen darin, dass das, was der Herr in seiner unendlichen Gnade zum Dienst dazugibt, unermesslich ist. Aber auch, dass es in einer gewissen Weise „exklusiv“ ist. Denn das Brot gibt Er den Jüngern zum Austeilen, die Fische verteilt Er selbst.
Wir wollen aus der Begebenheit mitnehmen, uns nicht vor Aufgaben zu fürchten. Er ist ja da und falls bei uns Mangel ist, kann Er auch einen „kleinen Jungen“ mit Brot und Fischen vorbeischicken.
Wir wollen lernen, weniger darauf zu sehen, was wir haben – oder eben nicht haben –, sondern mehr darauf, was Er tun kann und wird.
Wir wollen uns aber auch motivieren, Fleiß anzuwenden, damit wir Ihm mehr zur Verfügung stellen können, das Er – nachdem es durch seine Hand gegangen ist – uns dann zum Austeilen geben kann.
Aber es gibt einen Punkt, vor dem wir uns warnen lassen wollen: Die Aussage „wir haben ja nichts“ kann schnell zu einer demütig klingenden Ausrede werden, wenn wir einem Dienst – warum auch immer – ausweichen wollen.
Henning Panthel
Fußnoten: