„Wenn ich denke, unser Baby bliebe beim Kommen des Herrn für die Seinen alleine und unversorgt hier auf der Erde zurück, könnte ich mich gar nicht mehr auf die Entrückung freuen“, gesteht Carmen offen. „Am Schlimmsten ist für mich dabei aber der Gedanke, dass unser Kind keine Chance mehr hätte, den Herrn Jesus als seinen Heiland und Erretter zu finden und deshalb für ewig verloren wäre.“
Deshalb fragen sich Carmen und ihr Mann Guido, was Gottes Wort eigentlich darüber sagt.
Doch diese Frage ist nicht so ohne weiteres zu beantworten, da es keine Stelle in Gottes Wort gibt, aus der wir buchstäblich entnehmen können, dass
Aber auch wenn wir keine direkten Aussagen dazu in der Bibel finden, gibt es durchaus Bibelstellen, aus denen sich etwas darüber ableiten lässt, was mit Säuglingen und Kleinkindern geschieht, sei es, dass sie in einem Alter sterben, in dem sie sich noch nicht bekehren konnten, oder dass der Herr kommt, um die Gläubigen zu sich zu holen.
Nach Psalm 127,3 sind Söhne ein Erbteil des Herrn. Luther übersetzt den Vers: „Siehe, Kinder sind eine Gabe des Herrn“. Unsere Kinder sind von Gott geschaffen, sie sind sein Werk. Und dieses sein Werk dürfen wir Ihm anbefehlen.
Dazu werden wir in Jesaja 45,11 ausdrücklich aufgefordert: „So spricht der Herr, der Heilige Israels und der es gebildet hat: Über das Zukünftige fragt mich; meine Kinder und das Werk meiner Hände lasst mir anbefohlen sein!“
Auch wenn mit den Kindern in diesem Vers zunächst diejenigen gemeint sind, die im Glauben in einem bewussten Abhängigkeitsverhältnis zu Gott stehen, dürfen wir ihn für uns im Vertrauen auf die Güte Gottes auch auf unsere Kinder anwenden. Und das um so mehr, wenn sie eine solche bewusste Entscheidung noch nicht selbst treffen können, weil sie dazu noch nicht fähig sind.
Dem letzten Vers des Propheten Jona in Kapitel 4 ist zu entnehmen, dass solche, die nicht zwischen Links und Rechts zu unterscheiden wissen, vor Gott in einer anderen Verantwortung stehen als solche, die diese Unterscheidung treffen können.
Bei diesem Unterscheidungsvermögen geht es im übertragenen Sinn geistlicherweise um die Fähigkeit, das eigene Handeln bewusst als richtig oder falsch – und damit als Gott wohlannehmlich oder als Sünde – einordnen zu können.
Ein Säugling bzw. bis zu einem bestimmten Augenblick auch ein kleines Kind kennt diesen Unterschied noch nicht. In Jona 4,11 sagt Gott eindeutig, dass Er Erbarmen mit solchen hat. Weshalb sollten sie dann bei der Entrückung zurückbleiben müssen?
Klar ist natürlich auch, dass kleine Kinder in unterschiedlichem Alter lernen, zwischen Links und Rechts zu unterscheiden. Wenn wir als Eltern merken, dass sie es können, wird es umso drängender unser Wunsch sein, ihnen den Herrn Jesus groß zu machen und sie zu Ihm zu führen.
Eine für unsere Frage sehr aufschlussreiche Aussage des Herrn finden wir in Matthäus 18,14: „Ebenso ist es nicht der Wille eures Vaters, der in den Himmeln ist, dass eins dieser Kleinen verloren gehe.“
Auch um diesen Willen zu erfüllen, ist der Herr Jesus ja als Mensch auf die Erde gekommen. „Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, das Verlorene zu erretten“ (Mt 18,11), erklärt Er selbst den Jüngern.
Es fällt auf, dass der Herr in diesem Vers nicht davon spricht, dass Er gekommen sei, um „zu suchen und zu erretten, was verloren ist“ (Lk 19,10).
In Lukas 19 ist der Herr Jesus im Haus des Zöllners Zachäus und spricht zu erwachsenen Menschen, die sich willentlich vom Herrn Jesus abgewandt haben. Hier in Matthäus 18 spricht er zu seinen Jüngern und hat dabei ein kleines Kind vor sich stehen (s. Mt 18,2).
Ein neugeborenes Kind kann sich noch nicht mit eigener Willensentscheidung vom Herrn wegwenden. Doch auch wenn unsere Kinder in den ersten Lebensjahren noch nicht durch ein Leben in der Sünde verhärtet sind, sind sie doch von Geburt an verlorene Sünder, die einen Heiland und Erretter benötigen.
In einem Bibelkommentar zu Matthäus 18 heißt es dazu: „Wenn daher Kinder in einem Alter, in dem sie noch nicht für Sünde verantwortlich sind, sterben, dann sind sie nicht verloren, sondern sind im Himmel und erfreuen sich der Gegenwart Gottes. Und das ist nicht allein von Kindern gläubiger Eltern wahr, sondern von allen Kindern, die früh diese Erde verlassen“[1].
Als der Herr Jesus einmal in den Tempel trat und die Wechsler und Taubenverkäufer hinaustrieb, weil sie das Haus seines Gottes zu einer Räuberhöhle gemacht hatten, wurden die Hohenpriester unwillig über Ihn. Als die Hohenpriester Ihn deshalb zur Rede stellen, antwortet Er ihnen: „Habt ihr nie gelesen: «Aus dem Mund der Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet»?“ (Mt 21,16).
Wie sollte Gott aus dem Mund der Unmündigen und Säuglinge Lob bereitet werden, wenn sie nicht in der Ewigkeit bei Ihm sind?
Wenn Gott den gestorbenen Säuglingen und unmündigen Kleinkindern so in seiner Gnade begegnet, dann wird Er mit den beim Kommen des Herrn noch lebenden Säuglingen und Kleinkindern nicht anders handeln!
Aus 1. Thessalonicher 4 wissen wir, dass die vor der Entrückung gestorbenen Gläubigen (und dazu gehören nach dem, was wir in der Schrift gefunden haben, auch die gestorbenen Kleinkinder) beim Kommen des Herrn für die Seinen den noch lebenden Gläubigen gegenüber keinen Nachteil haben werden.
Auch ein bei der Entrückung noch lebender Säugling wird keinen Nachteil gegenüber einem bereits gestorbenen Säugling haben!
„Lasst die Kinder und wehrt ihnen nicht, zu mir zu kommen, denn solcher ist das Reich der Himmel“ (Mt 19,14).
Der Herr Jesus segnet mit diesen Worten nicht nur die Kinder, die von ihren Müttern zu Ihm gebracht wurden. Er tadelt damit zugleich auch die Jünger, die es den Müttern verwehren wollten. Sie hatten nicht erfasst, dass der Herr sich in seiner Gnade auch den in den Augen der Menschen Geringen und Kleinen zuwendet, wenn sie zu Ihm kommen. Doch dem Herrn ist jede einzelne Kinderseele für uns Menschen unermesslich wertvoll.
Daran wollen wir festhalten, darauf dürfen wir vertrauen – auch wenn es darum geht, was mit unseren Säuglingen und kleinen Kindern geschieht, wenn Er kommt, um uns zu sich zu holen.
Aus den Fragen von Carmen und Guido bleibt noch ein Aspekt offen. Was passiert nun mit den Menschen, die bei der Entrückung zurückbleiben? Gehen sie alle verloren?
Aus 2. Thessalonicher 2,10-12 erkennen wir, dass alle, die die Wahrheit kannten, aber nicht angenommen haben, keine Möglichkeit mehr haben, sich zu bekehren. Für sie ist es mit dem Kommen des Herrn Jesus zur Entrückung zu spät. Sie haben die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen, sie haben der Wahrheit nicht geglaubt, obwohl sie diese kannten. Gott sendet ihnen eine wirksame Kraft des Irrwahns, so dass sie der Lüge glauben. Sie haben keine Möglichkeit mehr, sich zu bekehren.
Diese Verse dürfen wir nicht ohne Weiteres auf alle Menschen übertragen. Gott ist gerecht und es gibt viele Menschen auf der Erde, die das Evangelium nie gehört haben. Sie werden ihre Chance haben, so wie jeder Mensch seine Chance von Gott bekommt (s. dazu auch Röm 1,19.20; Hiob 33,29.30). Der Überrest Israels, der in der Drangsalszeit zum Glauben kommen wird, wird das Evangelium des Reiches verkünden und manche aus den Nationen werden es annehmen und mit dem Überrest in das Reich eingehen.
Doch diejenigen, die beim Kommen des Herrn Jesus zur Entrückung (noch) nicht unter Verantwortung gestanden haben, werden dabei sein, wenn die Glaubenden entrückt werden!
Stefan Busch
Fußnoten: