BleibtInMir

...denn außer mir könnt ihr nichts tun

Zeitschrift für die christliche Familie

Dies ist ein Test

Jeremias Entscheidung

Es gibt Entscheidungen, die treffen wir eher intuitiv (z. B. die Vollbremsung in einer kritischen Verkehrssituation) oder sie fallen uns leicht (z. B. die Auswahl der Marmeladensorte im Supermarkt). Es gibt aber auch Entscheidungen, über die wir länger nachdenken müssen – vielleicht aufgrund der Tragweite oder der Optionen. Und manchmal zweifeln wir auch bereits getroffene Entscheidungen später noch einmal an.

© koldunova, stock.adobe.com

Entscheidungsprozesse sind auch für Christen nicht immer einfach, doch Gottes Wort schenkt uns gute Hilfestellungen wie das Beispiel des Propheten Jeremia.

„Und der Oberste der Leibwache ließ Jeremia holen und sprach zu ihm: Der Herr, dein Gott, hat dieses Unglück über diesen Ort geredet; und der Herr hat es kommen lassen und hat getan, wie er geredet hatte; denn ihr habt gegen den Herrn gesündigt und auf seine Stimme nicht gehört, und so ist euch dieses geschehen. Und nun siehe, ich löse dich heute von den Ketten, die an deinen Händen sind; wenn es gut ist in deinen Augen, mit mir nach Babel zu kommen, so komm, und ich werde mein Auge auf dich richten; wenn es aber übel ist in deinen Augen, mit mir nach Babel zu kommen, so lass es. Siehe, das ganze Land ist vor dir; wohin es gut und wohin es recht ist in deinen Augen zu gehen, dahin geh. Und da er sich noch nicht entschließen konnte, sprach er: So kehre zurück zu Gedalja, dem Sohn Achikams, des Sohnes Schaphans, den der König von Babel über die Städte Judas bestellt hat, und wohne bei ihm inmitten des Volkes; oder wohin irgend es recht ist in deinen Augen zu gehen, dahin geh. Und der Oberste der Leibwache gab ihm Wegzehrung und ein Geschenk und entließ ihn. Und Jeremia kam zu Gedalja, dem Sohn Achikams, nach Mizpa; und er wohnte bei ihm inmitten des Volkes, das im Land übrig geblieben war“.
(Jer 40,2-6)

Als der babylonische König Nebu­kad­ne­zar 586 v. Chr. Jerusalem einnimmt, sitzt der Prophet Jeremia schon län­ger im Gefängnis. Dorthin hatten die Fürsten Judas ihn gebracht, weil sie seine Warnungen vor dem Gericht Gottes nicht mehr hören wollten. Jeremia hatte Gott über vierzig Jahre lang treu gedient und viel Widerstand durch das eigene Volk erfahren. Jetzt muss er mit Schmerz ansehen, wie Je­rusalem und der Tempel zerstört werden und der größte Teil des Volkes gefangen weggeführt wird.
Doch plötzlich öffnet sich die Gefängnistür! Nebusaradan, der Oberste der babylonischen Leibwache, lässt ihn zu sich holen. Er macht Jeremia, der noch in Ketten gebunden ist, ein attraktives Angebot: Er soll unter seinem Schutz mit nach Babel gehen und dort in der persönlichen Gunst Nebukadnezars leben, des damals mächtigsten Man­nes der Welt. Soll er das Angebot annehmen, oder soll er im Land bleiben? Die Aussage: „Und da er sich noch nicht entschließen konnte … [eig.: sich noch nicht dahin oder dorthin wenden wollte]“, zeigt, dass Jeremia keine einfache Entscheidung vor sich hat.

Menschliche „Denkmuster“

Beim Abwägen des „Für und Wider“ hätten ihm vielleicht folgende Gedan­ken durch den Kopf gehen können. Dabei wollen wir nicht spekulieren, sondern einfach darüber nachdenken, wie wir möglicherweise gedacht hät­ten, wenn wir an Jeremias Stelle gewesen wären:

  • Ich hätte wirklich verdient, mich nach vierzig Jahren Dienst in Babel zur Ruhe zu setzen.
  • Gott kann mich in Babel für mei­ne Treue belohnen, denn ich war besser als die, wegen deren Sün­den die gerechte Strafe über Jerusalem gekommen ist.
  • In Judäa hassen mich viele, Nebu­kadnezar verspricht mir in Babel persönlichen Schutz.
  • Die Stadt und der Tempel sind zerstört, die Bundeslade abhandenge­kommen. Hier gibt es nichts mehr für mich zu tun, was soll ich noch hier?
  • In Judäa bleiben nur die Geringen des Volkes zurück. Der Dienst unter ihnen wäre unter meinem Niveau.
  • In Babel treffe ich womöglich mit meinen treuen Gleichgesinnten zusammen (wie Daniel oder Hesekiel).

So nachvollziehbar diese Gedanken klingen mögen, es wären eigene (und egoistische) Gedanken gewesen. Dass solche Gedanken Ausdruck des „Starrsinns des bösen Herzens“ sind, hatte Jeremia dem Volk selbst gepredigt (s. Jer 18,12). Für ihn sollen allein Got­tes Gedanken maßgeblich für seine Entscheidung sein, denn er weiß, dass es „Gedanken des Friedens und nicht zum Unglück“ sind (Jer 29,11).

Gefährliche Einflüsse

Die Rede Nebusaradans hört sich freundlich an und die Bibel liefert uns auch keine Anhaltspunkte, die auf schlechte Motive hindeuten. Den­noch enthält sie Elemente, die uns als Gläubige hellhörig werden lassen müssen, wenn wir sie aus dem Mund eines Ungläubigen hören:

  • Der Heide Nebusaradan verwendet eine fromme Sprache und Auszüge aus Jeremias Botschaften. Wollte er Jeremia täuschen und „ködern“?
  • Was beabsichtigt Nebukadnezar, wenn Nebusaradan sein Auge auf Jeremia richten soll (s. Jer 39,12)? Will er ihn vielleicht unter Kontrolle ha­ben, damit er keinen Einfluss auf das in Judäa zurückgebliebene Volk nimmt?
  • Sollte er durch das Lösen der Ketten wirklich Freiheit erhalten oder nur in eine (neue) Abhängigkeit – die von Nebukadnezar – kommen?
  • War das von Prunk und Götzendienst geprägte Babel[1] wirklich ein guter Ort? Bestand nicht Gefahr, dass er sich dem dortigen Leben anpasste und Jerusalem vergaß (s. Ps 137,4.5)?
  • War es richtig, dorthin zu gehen, wohin es gut und recht in seinen Augen war, oder wäre das Eigenwille und Unabhängigkeit von Gott?
  • War es echte Fürsorge, wenn Ne­busaradan ihm Wegzehrung und ein Geschenk mitgab, oder wollte er damit Jeremias Entscheidung beeinflussen?

Als „Mann Babels“ konnte Nebusara­dan unmöglich einen guten geistlichen Rat geben. Die Überlegungen des gottesfürchtigen Propheten Je­remia, der den Willen seines Gottes erkennen woll­te, konnte er gar nicht nachvollziehen. Und gerne möchte der Teufel die – vielleicht menschlich logischen – Vorschläge von Menschen wie Nebu­saradan benutzen, um die Entschei­dungen der Gläubigen zu seinen Guns­ten zu manipulieren. Er spricht ger­ne unsere alte Natur an, mit dem Ziel, dass wir Gott ungehorsam sind. Wir wollen – wie Jeremia – wachsam sein gegenüber solchen Einflüssen.

Gute Entscheidungshilfen

Wir wissen nicht genau, wann Jeremia seine Entscheidung getroffen hat. Zunächst konnte er sich jedenfalls nicht entschließen. Das führte dazu, dass das Angebot, nach Babel zu ziehen, nicht länger bestehen blieb. Nebusaradan schickte ihn zu Gedalja nach Mizpa. Nach wie vor blieb Jeremia aber frei, sich für einen Wohnort seiner Wahl im Land zu entscheiden.
Das macht uns noch einmal klar, dass wir niemals vorschnell eine Ent­scheidung treffen sollten. Wenn wir unsicher sind und keine Klarheit über Gottes Willen in einer Sache haben, sollten wir uns nicht davon leiten lassen, gegebenenfalls eine „gute“ Möglichkeit zu verlieren. Wir müssen nicht unnötig zaudern, aber bei fehlender Klarheit ist es besser, zu warten, auch wenn dabei die Optionen weniger zu werden scheinen.
Am Anfang von Vers 6 heißt es dann: „Und Jeremia kam zu Gedalja, dem Sohn Achikams, nach Mizpa …“ Auch das gibt uns wertvolle Hinweise:

  • In Mizpa richtete Samuel das Volk unter Gebet und stellte das Denkmal Eben-Eser auf – „Bis hierher hat uns der Herr geholfen“ (1. Sam 7,12). Hier – weit weg vom Einflussbereich Nebusaradans – hat er sicher alles im Gebet vor Gott gebracht.
  • Vermutlich hat er die Sache auch mit dem treuen Gedalja besprochen.

Wenn wir vor schweren Entschei­dungen stehen, dürfen wir uns im Bewusstsein der Hilfe unseres Gottes und Vaters „zurückziehen“, um Ihm die Dinge im Gebet zu bringen und Ihn um Klarheit für unsere Entschei­dungen zu bitten. Wir dürfen auch dankbar sein, wenn Er uns Gläu­bige zur Seite stellt – Ehepartner, Eltern, Freunde, ältere Geschwister –, die uns Rat geben können.

Gottes Fingerzeige

Ungefähr ein Jahr vorher – Jeremia saß im Gefängnis – beauftragte Gott ihn, ein Feld in seiner Heimatstadt Ana­tot zu kaufen (s. Jer 32,1-15). In erster Linie wollte Gott ihm zeigen, dass sein Volk wieder aus der Gefangenschaft zurückkehren würde. Aber wir können darin auch einen Hinweis für ihn persönlich sehen. Hätte Gott ihn das tun lassen, wenn Er gewollt hätte, dass Jeremia das Land verlässt? Gott gibt uns manchmal im Vorfeld zukünftiger Entscheidungen Hinweise, die wir in diesem Moment noch nicht verstehen. Aber sie helfen uns dann, wenn es so weit ist.

Klare Entscheidung

Irgendwann traf Jeremia seine Entscheidung: „… und er wohnte bei ihm inmitten des Volkes, das im Land übrig geblieben war“ (V. 6). Er hatte erkannt, dass Gott nicht wollte, dass er nach Babel ging, sondern dass er im Land eine Aufgabe hatte, und zwar unter den „Geringen“ des Volkes (s. 2. Kön 24,14). Und er blieb bei dem treuen Mann Gedalja in Mizpa und suchte sich keinen anderen Wohnort im Land. Er entschied sich klar für den Willen Gottes, auch wenn es eine Entscheidung mit unbequemen Folgen war, die nicht die Anerkennung der Menschen fand. Aber sie entsprach Gottes Gedanken; das allein zählte.

Nachhaltige Entscheidung

Wenn wir uns die weitere Geschichte Jeremias anschauen, können wir uns vorstellen, dass er später vielleicht öfters über diese Entscheidung nach­gedacht hat. Dabei konnten die wei­teren Ereignisse seines Lebens Anlass für Zweifel sein:

  • Er musste im Land erleben, wie sein Weggefährte Gedalja von desertierten jüdischen Heerobersten umgebracht wurde.
  • Entgegen seiner ausdrücklichen War­nung entschied sich ein Teil des zurückgebliebenen Volkes – dem er ja dienen wollte –, nach Ägypten zu fliehen.
  • Gegen seinen Willen wurde er schließlich mit seinem Diener Ba­ruch nach Ägypten gebracht.

Führten diese Schwierigkeiten dazu, dass Jeremia seine Entscheidung infrage stellte? Nein, im Gegenteil: Auch in Ägypten kam er nicht darüber ins Wanken und diente Gott weiter unter dem Volk.
Wenn wir nach einer getroffenen Entscheidung auf Komplikationen sto­ßen, neigen wir dazu, sie anzuzwei­feln. Schwierigkeiten sind aber nicht zwingend ein Indikator für eine fal­sche Entscheidung (ein „glatter Verlauf“ aber auch nicht unbedingt für eine richtige). Wenn wir sie – so wie wir es bei Jeremia sehen – mit Gott getroffen haben, dürfen wir sicher sein, dass Er uns auch durch auftretende Probleme hindurchträgt.[2]

Ansporn auch für uns

Zu Beginn seines Dienstes hatte Gott Jeremia zugesagt: „Und sie werden gegen dich kämpfen, aber dich nicht überwältigen; denn ich bin mit dir, spricht der Herr, um dich zu erretten“ (Jer 1,19). Das hatte ihm geholfen, menschliche Denkweisen und gefährliche Einflüsse im Entscheidungsprozess zu überwinden. Er hatte Gottes Entscheidungshilfen genutzt und sich auch in den Schwierigkeiten nicht erschüttern lassen. Sein Beispiel zeigt uns, dass wir als Christen die besten Voraussetzungen haben, mit unserem Gott und Vater mutig Entscheidungen zu treffen. Wir brau­chen dabei nicht zaghaft zu sein.

Henning Panthel

Oft haben wir gesonnen,
ob wir es recht gemacht -
was wir mit Dir begonnen
hast Du zum Ziel gebracht.
(aus „Geistliche Lieder“, Nr. 178)

Fußnoten:

  1. Babel bedeutet ins Deutsche übersetzt „Verwirrung“.

  2. Das bedeutet nicht, dass wir einmal getroffene Entscheidungen niemals vor Gott hinterfragen sollten.

Aktuelle Artikel

Denn der Weg ist sonst zu weit für dich

„Er selbst aber ging in die Wüste, eine Tagereise weit, und kam und setzte sich unter einen Ginsterstrauch. Und er bat, dass er sterben dürfe, und sprach: Es ist genug; nimm nun, Herr, meine Seele, denn ich bin nicht besser als meine Väter. Und er legte sich nieder und schlief unter dem Ginsterstrauch ein. Und siehe da, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf, iss! Und als er hinblickte, siehe, da lag an seinem Kopfende ein Kuchen, auf heißen Steinen gebacken, und ein Krug Wasser. Und er aß und trank und legte sich wieder hin. Und der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf, iss! Denn der Weg ist sonst zu weit für dich. Und er stand auf und aß und trank, und er ging in der Kraft dieser Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis an den Berg Gottes, den Horeb“ (1. Kön 19,4-8).
Mehr lesen

Tiere in Psalm 22 (Teil 2)

Dieser Psalm zeigt uns prophetisch den Herrn in seinen vielfältigen Leiden. Zur Veranschaulichung werden dazu sechs verschiedene Tiere erwähnt. Die ersten beiden dieser Tiere haben wir bereits im letzten Heft besehen. In diesem Artikel wollen wir uns mit den nächsten beiden etwas näher beschäftigen.
Mehr lesen

Persönliche Worte (Ein schwieriges Jahr)

Ein schwieriges Jahr ist zu Ende gegangen und die Schwierigkeiten halten noch an. Wie macht uns die Corona-Pandemie doch deutlich, dass der Mensch wie Gras ist. In Psalm 90, einem Gebet von Mose, finden wir den ewigen Gott dem vergänglichen Menschen gegenübergestellt (V. 2-6).
Mehr lesen

Internet und Smartphone in unseren Familien – Umgang, Gefahren, Schutz

Das Internet und mobile Endgeräte wie Smartphones oder Tablets sind aus den meisten Häusern nicht mehr wegzudenken. Sie prägen unsere Zeit und insbesondere unsere Jugendlichen und Kinder. Umso wichtiger ist es, sich selbst der Gefahren bewusst zu sein und verantwortungsvoll mit diesen Geräten umzugehen, um die nächste Generation zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Internet und Smartphone anleiten zu können. Das Ziel dieses Artikels soll sein, anhand von Gottes Wort konkrete, praktische Handlungsempfehlungen zu geben, die sich in der Ehe, der Familie und mit den Kindern direkt umsetzen lassen.
Mehr lesen

Wo steht es geschrieben?

Petrus wurde einmal scharf getadelt und einmal war es der Beginn seiner Wiederherstellung, als der Herr sich zu ihm umdrehte. In welchen Bibelstellen finden sich diese Begebenheiten?
Mehr lesen

Gott über Leben und Tod

„Und es geschah, als der König von Israel den Brief gelesen hatte, da zerriss er seine Kleider und sprach: Bin ich Gott, um zu töten und lebendig zu machen, dass dieser zu mir sendet, einen Mann von seinem Aussatz zu befreien?“ (2. Kön 5,7). Der König von Israel war ein gottloser Mann. Doch als der König von Syrien seinen Heerobersten Naaman zu ihm sandte, um ihn von seinem Aussatz zu heilen, war ihm völlig klar, dass nur einer über Leben und Tod zu entscheiden hat – nämlich Gott. Er war sich der Tatsache bewusst, dass er nicht Gott war, um zu töten und lebendig zu machen. Die andauernde Diskussion zum Thema Sterbehilfe – die gerade zu Beginn des Jahres aufgrund eines umstrittenen Urteils des Bundesverfassungsgerichts noch einmal intensiver geführt wurde – zeigt deutlich, dass viele Menschen heute scheinbar kein Empfinden mehr dafür haben, welche Machtbefugnis sie über Leben und Tod haben. Gleiches gilt für eine etwas andere Form der „Sterbehilfe“, die längst zu einem „Dauerbrenner“ geworden ist, nämlich die Abtreibung von ungeborenen Kindern.
Mehr lesen
1 29 30 31 32 33 73
© 2024 Ernst-Paulus-Verlag
Ernst Paulus Verlag Logo