„Eine Frau stirbt – und niemand vermisst sie.“ – Das ist eine erschütternde Nachricht, doch sie ist schon lange keine Seltenheit mehr in unserer Gesellschaft. Wie viele Menschen leben völlig vereinsamt, und wenn sie plötzlich nicht mehr da sind, werden sie von niemandem vermisst. Die 48 Jahre alte Frau, von der diese Nachricht berichtet, ist in ihrer Wohnung eines natürlichen Todes gestorben. Wochenlang hat es keiner bemerkt!
Einsamkeit muss natürlich nicht immer in einer solch extremen Form erkennbar werden, aber wir wollen uns trotzdem die Frage stellen, wie verbreitet dieses Phänomen auch unter dem Volk Gottes ist.
Betrifft dieses Thema nicht eher ältere Geschwister, bzw. Witwer oder Witwen? Sicherlich gehören sie ganz besonders zu der Gruppe derer, die wissen, was Einsamkeit bedeutet. Aber auch schon viele junge Christen sind leider davon betroffen.
Oft haben sie sich durch die Gnade Gottes früh bekehrt und ihre weitere Entwicklung scheint „normal“ zu verlaufen. Sie gehen zur Sonntagschule und besuchen die Zusammenkünfte der Gläubigen. Doch auf einmal werden die Besuche unregelmäßig und vielleicht werden eigene Wege eingeschlagen.
Eine mögliche Ursache für dieses Verhalten kann die Einsamkeit, gepaart mit einem „Sich-Nicht-Verstanden-Fühlen“, sein. Die Seele isoliert sich mehr und mehr und wendet sich Dingen oder sogar Personen zu, bei denen sie Anerkennung oder Bestätigung zu finden glaubt.
Was tun wir, wenn wir bemerken, dass unsere jungen Mitgeschwister „auf beiden Seiten hinken“ und nicht mehr richtig wissen, wohin sie gehören? Wie gehen wir mit ihren aufkommenden Zweifeln um? Wenn wir im Nachhinein sagen, dass wir es schon haben kommen sehen, dann bedeutet das nur, die eigene Schuld des Unterlassens ans Licht zu bringen und sich damit selbst zu verurteilen.
Gerade in kleineren örtlichen Versammlungen sind oft keine gleichaltrigen Gläubigen da, mit denen sich junge Geschwister über ihre Fragen austauschen könnten. Die Gefahr, sich zurückzuziehen, sich zu isolieren und sich abzukapseln ist dann sehr groß, wenn kein rechtes Vertrauensverhältnis zu Eltern oder älteren Geschwistern vorhanden ist.
Lasst uns deshalb offene Ohren, Häuser und Herzen für junge Geschwister und ihre Fragen haben.
Lasst uns unsere jungen Geschwister dazu anleiten, ihr Leben in einer lebendigen Beziehung mit ihrem Herrn und für ihren Herrn zu führen! Und als Eltern wollen wir bereit sein, etwas zu investieren, um unseren Kindern gute Kontakte zu ermöglichen.
Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Man kann sicherlich zu Recht sagen, dass die Ehe die schönste und innigste Lebensgemeinschaft zweier Menschen auf der Erde ist. Und trotzdem kann es vorkommen, dass Ehepartner sich voneinander isolieren, dass sie sich einsam und unverstanden fühlen. Ihre Ehe hat aufgehört zu pulsieren. Beide funktionieren nur noch und leben nebeneinander her. Jeder fühlt sich einsam und unverstanden!
Vielleicht ist der Anlass eine Prüfung in der Ehe. Der Mann geht mit der Situation eher vernunftmäßig um und erwartet von seiner Frau, dass sie das nachvollziehen kann. Die Frau hingegen fühlt sich unverstanden und verletzt. Jeder wartet darauf, dass der Andere den ersten Schritt macht, und empfängt nicht das, was er erwartet. Als Folge kann Isolation beider Ehepartner voneinander eintreten.
Doch dieser ungesunde Zustand muss nicht so bleiben! Eine gute Hilfestellung für den Umgang zwischen Eheleuten bietet Kolosser 3, 12-19 (hier geht es zunächst um das Zusammenleben als Gläubige allgemein und ab Vers 18 konkret um die Ehe) und 1. Petrus 3,1-7. Lesen wir diese Bibelstellen unter Gebet! Der Herr gebe, dass wir auch in Bezug auf diesen Bereich „vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes stehen“ (Kol 4,12).
Besonders schwer wiegt die Einsamkeit von Gläubigen, deren Ehepartner gestorben oder weggegangen ist[1].
Zu wem können beispielsweise jüngere Witwen, die noch mitten im Leben stehen, mit ihren Sorgen und Problemen gehen? Da ist kein Ehemann mehr, den sie zu Hause befragen können (s. 1. Kor 14,35). Wie leicht werden sie bei der „täglichen Bedienung“ (s. Apg 6) übersehen, weil sie niemanden mehr an ihrer Seite haben, der für sie eintritt.
Wer kennt die Not eines verwitweten, vielleicht sogar noch jüngeren Bruders, der plötzlich allein zurechtkommen muss? Die Person, die ihn am besten kannte, die zugehört und weise Ratschläge gegeben hat, fehlt so sehr!
Hinzu kommen die normalen Alltagsthemen. Neben der beruflichen Belastung muss eben alles andere auch noch erledigt werden. Er hat keine nötige Hilfe mehr in allen Bereichen!
Oder die Schwester, die von ihrem Mann verlassen wurde. Wissen wir, was eine solche Seele durchmacht? Wie schön, wenn Schwestern sich die Zeit nehmen, ihrer leidgeprüften Mitschwester zuzuhören und sie, wo irgend möglich, zu unterstützen. Wie schön ist es, wenn ein Bruder, der das Herz eines Hirten besitzt, zusammen mit seiner Ehefrau dazu bereit ist, einen Seelsorgedienst auszuüben. Denn die Aufforderung besteht: „freut euch mit den sich Freuenden und weint mit den Weinenden“ (Röm 12,15).
"Freut euch mit den sich Freuenden und weint mit den Weinenden."
Lasst uns auch unsere sehr einsamen älteren Geschwister nicht vergessen, die oft zusätzlich noch gesundheitliche Probleme haben und kaum mehr wissen, wie sie ihre Tage verbringen sollen. Für manche ist das unaufhörliche Ticken der Wanduhr über einen langen Zeitraum die einzige Geräuschquelle, die sie vernehmen. Viele ältere Menschen schlafen außerdem nicht mehr gut, und so kommen zu dem langen Tag die einsamen Stunden der Nacht hinzu.
Siehst du hier vielleicht eine Aufgabe für dich? Einen Brief oder eine kurze Nachricht zu schreiben, ein Telefonat zu führen, oder noch besser, einen Besuch zu machen, das kostet dich nicht viel und kann doch so wertvoll sein.
Bei einem solchen Besuch wirst du wahrscheinlich die Erfahrung machen, dass du selbst erfüllter nach Hause gehst als du gekommen bist, weil du von dem reichen geistlichen Erfahrungsschatz deines Mitbruders/deiner Mitschwester profitieren konntest.
Wir könnten noch viele weitere Beispiele für Einsamkeit anführen. Schon die Kinder in der Schule können einsam sein, wenn sie in ihrer Klasse die Einzigen sind, die an den Herrn Jesus glauben. Sie benötigen dringend ein offenes Ohr vonseiten ihrer Eltern. Das kann bereits in der Grundschule beginnen, wenn die Mitschüler während der Pausen Szenen aus Filmen spielen, die das Kind nicht kennt. Später können Unterrichtsfächer wie Biologie und Religion z.B. zum Thema Schöpfung oder Evolution unsere gläubigen Kinder einem großen Spannungsfeld aussetzen. Wenn sie sich klar für die Wahrheit der Bibel aussprechen, können sie schnell in eine Außenseiterrolle kommen.
Doch wir wollen uns die Frage stellen, was Gottes Wort zum Thema ‚Einsamkeit‘ sagt und was uns der Herr Jesus selbst darüber lehrt.
Zunächst erinnern uns Bibelstellen wie Psalm 102,7.8 – „Ich gleiche dem Pelikan der Wüste, bin wie die Eule der Einöden. Ich wache und bin wie ein einsamer Vogel auf dem Dach.“ – sehr stark daran, dass unser Herr Jesus Christus genau weiß, was Einsamkeit bedeutet.
Er ist Derjenige, der in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist, ausgenommen die Sünde (s. Heb 4,15).
Die größte Einsamkeit, die unser Erleben und Empfinden bei Weitem übersteigt, hat ER erfahren!
Zu Beginn seines öffentlichen Weges war der Herr Jesus einsam in der Wüste. Selbst der vollkommene Diener wird von dem Geist in die Wüste geführt, bevor er seinen öffentlichen Dienst beginnt.
Hier merken wir, dass Einsamkeit nicht immer einen negativen Charakter haben muss, sondern durchaus sehr nützlich sein kann. Am Ende dieser Zeit in der Wüste sieht der Herr sich besonders den Angriffen des Feindes ausgesetzt. Aber seine Bewährung in diesen extremen Prüfungen, die den ganzen Menschen betroffen haben, wird völlig sichtbar.
Als wahrer Mensch hat unser Herr in seinem Leben hier auf der Erde völlig empfunden, was es bedeutet, einsam und unverstanden zu sein. Einmal wollten sogar seine Mutter und seine Brüder Ihn zurückhalten, seinen Dienst auszuüben – d.h., selbst seine nächsten Verwandten haben Ihn nicht verstanden.
Ganz zu schweigen von dem Verhalten der Menschen im Allgemeinen. Dem ständigen Hass und dem Egoismus ausgesetzt, ging der Herr in völliger Harmonie mit seinem Gott und Vater bis nach Golgatha.
Dort am Kreuz war dann der Höhepunkt der Einsamkeit erreicht, wo Jesus Christus, ganz allein zwischen Himmel und Erde, sogar von dem heiligen Gott im Gericht verlassen werden musste (s. Mt 27,46).
Der Herr Jesus empfindet zutiefst, wenn du dich einsam fühlst. Während Er am Kreuz hing, sah Er seine Mutter und wusste, was sie in diesen Augenblicken durchmachen musste, als ein Schwert ihr Herz durchdrang (s. Lk 2,35). Ihr erstgeborener Sohn hing am Kreuz, um den schmachvollsten Tod sterben zu müssen. Aber was tut Er? Er denkt nicht an sich, sondern sorgt fürsorglich für seine Mutter, indem Er sie genau dem Jünger anvertraut, der am ehesten für diese Aufgabe geeignet war.
So nimmt der Herr auch deine Einsamkeit wahr und kümmert sich um dich.
Ich möchte dir mit diesen Zeilen Mut machen, Einsamkeit nicht nur von der negativen Seite zu sehen, sondern als eine Gelegenheit, besondere Erfahrungen mit deinem Herrn machen zu können und dich in dieser Übung seiner Fürsorge zu übergeben. Dabei solltest du sehr wachsam sein, auch wenn du dich vonseiten deiner Mitgeschwister unverstanden fühlst, dich in irgendeine Form der Isolation zu flüchten.
Lieber junge Schwester, empfindest du vor dem Herrn den Wunsch, zu heiraten und fühlst dich einsam? Nimm diese Zeit der Einsamkeit von deinem Herrn an und nutze sie für Ihn.
Was ist aber, wenn es länger dauert und kein gläubiger Mann dich fragt? Dann harre auch in dieser Weise aus. „Das Ausharren aber habe ein vollkommenes Werk“ (Jak. 1,4). Der Herr allein kennt den richtigen Zeitpunkt.
Gehe keine Kompromisse gegenüber dem ein, was der Herr uns in seinem Wort zeigt. Das allein wird Segen bedeuten. Fliehe nicht aus der Einsamkeit, indem du „Fleisch zu deinem Arm machst“ (s. Jer 17,5) oder die Dinge selbst in die Hand nimmst. Lass den Herrn alles machen und bleibe seinem Wort treu.
Junger Bruder, wie gehst du mit den gleichen, wichtigen und segensreichen Prüfungen vor der Ehe um? „Wodurch wird ein Jüngling seinen Pfad in Reinheit wandeln? Indem er sich bewahrt nach deinem Wort“ (Ps 119,9).
Was euch, liebe ältere Geschwister, anbetrifft, so lasst euch ermuntern, den Herrn Jesus nachzuahmen. Lasst euch die Kraft schenken, nicht so sehr an euch und an eure Einsamkeit zu denken, sondern nehmt die Einsamkeit als Anlass, anderen, vielleicht ebenfalls sehr Einsamen, zu helfen. Nur wer selbst die Einsamkeit kennt und dadurch auch nachempfinden kann, was andere Leidende durchmachen, ist wirklich zu einem hilfreichen Dienst befähigt.
„… damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden, …“ (2. Kor 1,4).
… er hat gesagt:
„Ich will dich nicht versäumen und dich nicht verlassen“; so dass wir kühn sagen können:
„Der Herr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten“.
Steffen Bamberger
Fußnoten: