Der Apostel Paulus fordert die Philipper und damit auch uns in Kapitel 2 auf: „Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war“ (V. 5). In den nächsten Versen wird dann die Gesinnung des Herrn vorgestellt – es war die Gesinnung der Demut und des Gehorsams.
Ist diese Gesinnung auch in uns? Geht das denn überhaupt? Gott ist es, der in uns sowohl das Wollen als auch das Vollbringen zu seinem Wohlgefallen bewirkt (s. V. 13).
In der zweiten Hälfte des Kapitels lesen wir von drei Nachfolgern des Herrn, in denen diese Gesinnung war: Paulus (s. V. 16b-18), Timotheus (s. V. 19-23) und zuletzt Epaphroditus (s. V. 25-30). Von sich selbst schreibt Paulus am wenigsten, von Timotheus schon mehr, am meisten aber von dem Unbekanntesten, von Epaphroditus.
Paulus nennt Epaphroditus seinen Bruder, Mitarbeiter und Mitstreiter (s. Phil 2,25a).
Als wiedergeborene Kinder Gottes sind wir untereinander Brüder und Schwestern (s. 1. Kor 7,15). Meist meint der Ausdruck „Brüder“ einfach Geschwister. Wenn Paulus Epaphroditus „meinen Bruder“ nennt, dann beinhaltet das seine ganze Liebe zu ihm (s. 2. Kor 2,13).
Paulus bezeichnet neben Epaphroditus noch andere als „Mitarbeiter“, wie zum Beispiel Aquila und Priszilla (bzw. Priska; s. Röm 16,3) oder Timotheus und Titus (s. Röm 16,21; 2. Kor 8,23). Am Ende des Kolosserbriefes führt er einige an, die er Mitarbeiter am Reich Gottes nennt, die ihm ein Trost waren (s. Kol 4,10.11). Timotheus nennt er einmal „Mitarbeiter Gottes in dem Evangelium des Christus“ (1. Thes 3,2). Er war ein Arbeiter Gottes im Evangelium und diente zusammen mit Paulus, der von sich und Timotheus als Mitarbeitern an der Freude der Korinther schreibt (s. 2. Kor 1,24).
Lasst auch uns Gottes Arbeiter in seinem Reich sein, zusammen mit anderen, zu ihrem Trost und zur Freude derer, denen der Dienst gilt.
Als „Mitstreiter“ wird nur Epaphroditus bezeichnet. Timotheus wird aufgefordert, als ein guter Streiter Christi Jesu an den Trübsalen teilzunehmen (s. 2. Tim 2,3). Diese kann der Dienst für den Herrn mit sich bringen. Deshalb fordert Paulus sein geliebtes Kind auf, im Dienst des Evangeliums Trübsal zu leiden (s. 2. Tim 1,8; 4,5). Wir alle müssen durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen (s. Apg 14,22).
Die Philipper hatten Epaphroditus mit einer Gabe für Paulus auf die weite Reise nach Rom gesandt. Es ist interessant, was wir von manchen Gesandten lesen. Paulus hatte einst zwei Männer mit Titus nach Korinth gesandt. Das Lob des einen war durch alle Versammlungen verbreitet, der andere war in vielen Stücken als eifrig erprobt worden (s. 2. Kor 8,16-24). Gesandte sind meist Bewährte, und in der Erfüllung ihres Auftrags bewähren sie sich weiter.
Epaphroditus, von den Philippern gesandt, wurde ein Diener des Bedarfs von Paulus. Welch ein Vorrecht ist es, anderen zu dienen. Ein Beispiel sind Stephanas und seine Familie sowie alle, die mit ihnen zusammenlebten, die sich entschlossen hatten, allen Heiligen in Korinth zu dienen (s. 1. Kor 16,15). Oder denken wir an die Gläubigen der Versammlungen in Mazedonien, die Paulus und seine Mitarbeiter um die Gnade und Gemeinschaft des Dienstes in der Unterstützung der Heiligen baten (s. 2. Kor 8,1-5). Das große Vorbild ist der Herr Jesus selbst, der nicht gekommen war, „um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben“ (Mk 10,45).
Die Philipper hatten gehört, dass Epaphroditus erkrankt war und waren wohl in Sorge um ihn. Epaphroditus wiederum hatte erfahren, dass die Philipper um ihn besorgt gewesen waren und dies auch jetzt noch, wo er doch schon wieder genesen war. Ihre mittlerweile unnötig gewordene Sorge beunruhigte ihn sehr. Wie sehen wir in diesem Sachverhalt die innige Verbundenheit zwischen der Versammlung in Philippi und ihrem Abgesandten.
Aber obwohl Epaphroditus sich nach seinen Geschwistern sehnte, war er nicht einfach abgereist. Da war ja auch noch der Gefangene Paulus. Der aber hatte das Verlangen des Bruders bemerkt und sandte ihn nun zurück. Welche gegenseitige Rücksichtnahme finden wir hier bei Paulus und Epaphroditus.
Nun erfahren die Philipper, dass Epaphroditus sogar dem Tod nahe gewesen war. Aber Gott hatte sich über ihn erbarmt. Wie viele Kranke oder deren Angehörige haben den Herrn Jesus um Erbarmen angefleht (s. z. B. Mt 9,27; 15,22; 17,15; 20,30.31). Wie oft hat Er geholfen!
Von unserem Gott und Vater lesen wir, dass Er der Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes ist (s. 2. Kor 1,3). Gott hatte sich aber nicht nur über den kranken Epaphroditus erbarmt, sondern auch über Paulus, damit dieser nicht „Traurigkeit auf Traurigkeit“ hätte. Wie zeigt dies wieder die innere Verbundenheit von Epaphroditus und Paulus.
Paulus, der Gefangene, hätte sicher Epaphroditus noch gerne ein wenig bei sich behalten, aber um die Ungewissheit der Philipper bezüglich seines Gesundheitszustands nicht zu verlängern, hatte er ihn so schnell wie möglich zurückgesandt. Ihm lag daran, dass sie wieder froh würden, und in diesem Fall könnte auch er weniger betrübt sein. Er würde sich dann mit den sich Freuenden freuen (s. Röm 12,15).
Nach allem, was wir bisher von den Philippern und ihrem Abgesandten gelesen haben, sind wir jetzt über die Ermahnung, diesen mit Freuden aufzunehmen, vielleicht doch etwas überrascht.
Was könnte diese Ermahnung nötig machen? Gab es außer Evodia und Syntyche noch andere Geschwister, die nicht einmütig waren (s. Phil 2,1- 4)? Es wäre auch möglich, dass es solche gab, die gehofft hatten, selbst als Gesandte der Versammlung zu Paulus zu gehen, die also neidisch auf Epaphroditus waren. Vielleicht gab es auch solche, die befürchteten, dass Epaphroditus Paulus etwas über ihre Uneinigkeit mitgeteilt hatte.
Wir wissen es nicht. Aber aus Erfahrung wissen wir alle, wie rasch solche falschen Gedanken in unseren Herzen aufkommen können.
Die Philipper sollten solche wie Epaphroditus in Ehren halten, der sein Leben um des Werkes willen gewagt hatte. Auch solche Geschwister sind nicht perfekt und mögen Fehler machen, aber wir sollten sie schätzen für ihren Einsatz im Dienst des Herrn.
In Zeiten wie der Corona-Pandemie gab und gibt es leider unter den Gläubigen viel Uneinigkeit und manchmal auch Streit und Verbitterung. Wir wollen uns durch die Gesinnung von Epaphroditus, Paulus und vor allem unserem Herrn anspornen lassen, nicht unseren Vorteil, unser Bestes zu suchen, nicht unsere Meinung und Ansicht für die einzig richtige zu halten, sondern das Wohl des anderen zu suchen (s. 1. Kor 10,24) und den Bruder höher zu achten als uns selbst (s. Phil 2,3).
Ja, wir wollen uns gegenseitig ermuntern, dem Frieden und der Heiligkeit nachzujagen (s. Ps 34,15; Heb 12,14; 1. Pet 3,11). Es wird nicht nur für unser Miteinander als Glaubensgeschwister zum Segen sein, sondern auch in unseren Ehen und Familien.
Horst Zielfeld
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