„Die Tage unserer Jahre – es sind siebzig Jahre, und wenn in Kraft, achtzig Jahre, und ihr Stolz ist Mühsal und Nichtigkeit, denn schnell eilt es vorüber, und wir fliegen dahin.“
Es ist Sonntagnachmittag. Nach der Wortverkündigung sitzen wir als Geschwister im Haus eines Bruders noch am Kaffeetisch zusammen. Angeregt unterhalten wir uns über das in der Wortverkündigung Gehörte und denken über unser ewig sicheres Heil und die wunderbare Zukunft nach, die uns erwartet. Wir sind dankbar für die große Gnade – die unverdiente Liebe Gottes.
Dabei erinnern wir uns daran, wie kurz die Zeitspamme ist, die noch verbleibt, um dem Herrn Jesus zu leben und zu dienen – als Antwort auf seine Liebe.
Unvermittelt steht die Gastgeberin auf und holt einen Zollstock.
„Nun – was soll denn das?“, denken wir als Besucher.
Was sie nun illustriert, macht betroffen:
Bedächtig klappt sie den Zollstock auf, bis auf eine Länge von 80 cm.
Dann erzählt die Schwester uns in dankbarer Erinnerung an ihren heimgegangenen Vater, der sie als noch junge Frau ermahnt hatte, nicht zu vergessen, wie schnell das Leben vorübereilt: „Sieh mal“, hatte er gesagt, „ich bin jetzt 53 Jahre alt“ – dabei zeigte er auf die Zahl 53 des Zollstocks – „… und wenn es heißt, euer Leben währt 70 Jahre, dann verbleibt mir nur noch diese kurze Zeitspanne im Vergleich zu den bereits hinter mir liegenden Lebensjahren!"
Dabei glitt sein Finger weiter über den Zollstock bis zur Zahl 70.
Der Vater ergänzte: „Und wenn es hochkommt – sagt Gottes Wort – dann 80 Jahre, also nur noch 10 kurze Striche mehr …!“
Die Besucher schauten nachdenklich auf den noch vor ihnen liegenden Zollstock. Einer von ihnen, vierundsechzigjährig, überlegte:
Nur noch 6 Striche und er fange an, „Überstunden“ zu machen – ein Gedanke, der ihn betroffen machte …
Unsere Gastgeberin ergänzte: „Mein Vater erreichte noch nicht einmal das sechzigste Lebensjahr, als der Herr ihn heimholte.“
Wie wichtig ist deshalb das Gebet von Mose, dem Mann Gottes – es ist eine weise Bitte:
„So lehre uns denn zählen unsere Tage, damit wir ein weises Herz erlangen!“
In welchem Lebensalter du auch stehst:
Willst du nicht „die im Fleisch noch übrige (kurze) Zeit … dem Willen Gottes leben“?
Dem Willen Gottes leben, heißt zu fragen:
„Was soll ich tun, Herr?“
Es wäre ein überaus gesegnetes Leben, dessen Früchte du in der Ewigkeit wiederfinden wirst.
Jeder von uns hat eine „kleine Nische“ in dem „Werk des Herrn“ auszufüllen!
Lasst uns dabei den „Tag kleiner Dinge“ (Sach 4,10) nicht verachten. Und denken wir daran: „Die Zeit ist gedrängt“ (1. Kor 7,29). Sorgfältig wollen wir wandeln, „nicht als Unweise, sondern als Weise, die die gelegene Zeit auskaufen“ (Eph 5, 15.16).
Der nachstehende Auszug aus einem Gedicht von Walter Gschwind (1908-1996) spornt uns an:
Die Spanne Zeit ist mir vom Herrn gegeben,
um in der Welt mit Eifer Ihm zu leben,
als einer, der am Kreuz mit Ihm gestorben ist.
Wie kurz, wie kurz und wertvoll
ist
doch diese Frist!
Nein, keinen Tag will ich der Selbstsucht weihen;
denn, so vertan, müsste ich ihn einst bereuen.
Ich frage lieber: Herr, was soll ich heute tun?
– und darf dabei
in
seiner Gnadenfülle ruhn.
Darüber hinaus kann heute der Herr Jesus wiederkommen, um die Verheißung wahrzumachen: „Ich komme wieder und werde euch zu mir nehmen, damit, wo ich bin, auch ihr seiet“ (Joh 14,3).
Friedhelm Müller
Das ist unsere glückselige Hoffnung aber auch das Ende, um mit Eifer Ihm zu leben, der uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat.