Die Galater wurden durch falsche Lehrer beunruhigt, die ihnen sagten, dass sie auch noch beschnitten werden und das Gesetz halten müssten, um wirklich gerettet zu werden. In seinem Brief wendet sich Paulus mit aller Entschiedenheit dagegen. Er macht deutlich, dass Christus den Glaubenden freigemacht hat. Und er zeigt, dass ein glückliches Leben zur Ehre Gottes durch die Liebe zu Christus motiviert ist und in der Kraft des Heiligen Geistes gelebt wird.
Paulus hatte mit großem Einsatz unter den Galatern gewirkt. Durch seine Verkündigung waren viele zum Glauben gekommen und Gott hatte ihnen das neue Leben geschenkt. Paulus war ihr geistlicher Vater und er vergleicht seine große Mühe um ihre Errettung mit Geburtswehen. Doch jetzt war er wieder in Geburtswehen, denn die Galater standen in Gefahr, sich von Christus ab- und falschen Lehren zuzuwenden. Was könnte sie davor bewahren? Der richtige Blick auf Christus, wenn Er Gestalt in ihnen gewinnen würde! Deshalb bemüht Paulus sich, dass die Galater mehr von der herrlichen Person des Herrn Jesus verstehen, in Ihm alles finden und Ihn wirklich als Lebensinhalt haben.
Der Apostel stellt eine entscheidende Frage: „Wo ist nun eure Glückseligkeit?“ Diese Frage aus Galater 4,15 macht deutlich, dass ein Christ echtes Glück nur in Christus findet! Wenn die Galater eine ehrliche Antwort geben würden, dann müssten sie sagen, dass sie durch ihre Gesetzlichkeit nur unglücklich geworden waren. Außerdem waren dadurch große Probleme im Miteinander der Geschwister entstanden (s. Gal 5, 15.26). So wird es auch bei uns sein, wenn Gesetzlichkeit die lebendige Beziehung zum Herrn Jesus und die Leitung durch den Heiligen Geist ersetzt. Echtes Glück gibt es dann, wenn man Christus und sein Werk am Kreuz als die sichere Grundlage des Heils und als die Quelle allen Segens vor Augen hat und wenn seine Person der wahre Mittelpunkt des Lebens und das Ziel der Lebensreise ist.
Noch einmal versucht Paulus in Galater 4,21-31 die ganze Unsinnigkeit der Hinwendung zum Gesetz zu zeigen. Er nimmt Bezug auf die Gebote vom Sinai. Diese Gebote waren das Gesetz, das die Galater halten wollten (s. V.21a). Dann gebraucht er den Begriff „Gesetz“ in einem erweiterten Sinn (V.1b) und nimmt Bezug auf eine Begebenheit aus dem ersten Buch Mose. In diesem Sinn umfasst das Gesetz die fünf Bücher Mose, den sogenannten Pentateuch.[1] Aus dem Gesetz, aus Gottes Wort, macht er deutlich, wie sehr die Galater irren, wenn sie noch beschnitten werden und das Gesetz halten wollen. Das Wort Gottes („es steht geschrieben“, s. V.22) ist die Grundlage für jede Belehrung und Befestigung im Glauben und es ist beeindruckend, wie der göttliche Autor, der Heilige Geist, im Neuen Testament die Begebenheiten des Alten Testaments lebendig macht und erklärt.
In dem Abschnitt, über den wir jetzt kurz nachdenken wollen, stellt der Apostel Gesetz und Gnade gegenüber. Er benutzt dazu das Bild der beiden Söhne Abrahams, Ismael und Isaak. Dabei steht Ismael für das Gesetz und Isaak für die Gnade. Wir wollen die Ausführungen in 8 wichtigen Punkten zusammenfassen.
Der eine Sohn Abrahams war von der Magd, der andere Sohn von der Freien. So bringt das Gesetz in Knechtschaft und die Gnade in Freiheit. Jeder, der aus Gnaden errettet ist, ist wirklich freigemacht. Er darf in Freiheit leben, ohne sich wieder einem Gesetz zu unterstellen. Das ist keine Freiheit für den Eigenwillen und zum Sündigen, sondern Freiheit, Gott zu leben durch den Heiligen Geist.
Ismael wurde aufgrund eigener Ideen auf ganz natürliche Weise als Sohn Abrahams von der Magd Hagar geboren. Isaak dagegen wurde Abraham und Sarah als Erfüllung der von Gott gegebenen Verheißung geboren. Sowohl Abraham als auch Sara waren eigentlich zu alt, um Kinder zu bekommen. Aber Gott machte seine Verheißung wahr!
So ist auch die Errettung durch den Glauben an den Herrn Jesus allein ein Werk Gottes, dem durch eigene Überlegungen und Anstrengungen niemand etwas hinzufügen kann.
Ismael steht für das Bündnis vom Sinai – für den Bund, der auf Seiten des Volkes die Einhaltung des Gesetzes erforderte. Dieser Bund wurde geschlossen, nachdem das Volk gesagt hatte: „Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun“ (2.Mo 19,8)!
In Verbindung mit der Ankündigung Isaaks hatte Gott aber viel früher einen Bund mit Abraham geschlossen, der keinerlei Bedingung für den Menschen beinhaltete. Es war ein Bund bedingungsloser Verheißungen! Dieser Bund aus 1. Mose 15 wird hier gar nicht näher erläutert, aber als Gott Abraham seine Verheißungen gab, da hatte Abraham einfach geglaubt. Das rechnete Gott ihm zur Gerechtigkeit.
So konnten die Galater verstehen, dass Gnade und Gesetz sowie Glaube und Werke einander ausschließen. Sie sollten sich nicht wieder den Elementen des Gesetzes zuwenden (s. Gal 4,9).
Die Magd Hagar entspricht dem jetzigen Jerusalem, dem zur Zeit des Galaterbriefes noch bestehenden Zentrum des jüdischen Systems. Die Kinder der Magd werden demnach mit denen verglichen, die diesem System mit seinen Geboten und Vorschriften angehören. Das Jerusalem droben ist dagegen die himmlische Stadt, zu der alle Glaubenden aller Zeiten gehören. Schon Abraham erwartete diese Stadt (s. Heb 11,10), die zum Himmel gehört und durch Freiheit gekennzeichnet ist. Alle wahren Glaubenden werden als Kinder dieser himmlischen Stadt gesehen, als solche, die dazu gehören.
> Exkurs „Jerusalem“ am Artikelende
Ausgehend von einem Vers aus dem Propheten Jesaja zeigt der Apostel, dass glaubende Menschen wahre Freude haben. Dabei wendet der Heilige Geist diesen Vers, der sich in seiner eigentlichen Bedeutung auf den glaubenden Überrest aus Israel in der Zukunft bezieht, auf die glaubenden Galater an. Tatsächlich – wer die Gnade Gottes im Glauben annimmt, findet echte Freude und sogar Jubel!
Der Vers zeigt auch, dass die Frau, die zunächst keine Kinder hatte und einsam war (Sara), jetzt viele Nachkommen hat. So gibt es auf der Grundlage der Gnade Gottes und des Glaubens an den Herrn Jesus, den wahren Sohn Abrahams (s. Mt 1,1), große Frucht!
Noch einmal werden Ismael und Isaak gegenübergestellt. Ismael ist wieder der nach dem Fleisch Geborene. Isaak wird jetzt jedoch als der nach dem Geist Geborene vorgestellt. Gott hatte seinem Geist (dem Heiligen Geist) entsprechend gehandelt und Abraham den verheißenen Sohn gegeben. So waren auch die glaubenden Galater entsprechend dem Handeln Gottes durch seinen Geist Söhne Gottes. Und dementsprechend sollten sie jetzt auch als Söhne Gottes in der Kraft des Heiligen Geistes leben.
So, wie Ismael Isaak verfolgte, so wurden jetzt die Galater durch die judaisierenden Lehrer verfolgt. Doch Gott nahm Kenntnis davon. Er hatte Isaak bewahrt und er würde auch die Galater bewahren. Allerdings sollten die Galater genauso handeln wie Abraham, der Ismael hinausstoßen musste (s. 1.Mo 21,10). Sie sollten die falschen Lehrer entschieden abweisen.
Der Sohn der Magd sollte nicht mit dem Sohn der Freien erben. So wird auch niemand den Segen Gottes erhalten, der nicht glaubt. Auf dem Weg eigener Anstrengung und des Gesetzes gibt es kein Erbe! Die glaubenden Galater hingegen gehörten Christus an und waren Söhne und Erben Gottes (s. Gal 3,29; 4,7).
Mit großer Sorgfalt weist der Apostel Paulus aus dem Alten Testament nach, dass Gesetz und Gnade unvereinbar sind. Der Segen Gottes kann nur durch Glauben erlangt werden. Die Gnade Gottes hat in Christus Jesus einen Weg gefunden, auf dem jeder Glaubende gerettet wird. Dafür musste der Herr Jesus am Kreuz sterben! Sein Werk ist die alleinige und absolut hinreichende Grundlage des Heils. Wenn seine herrliche Person Gestalt in uns gewinnt, dann haben wir Sicherheit und Freude! Dann verstehen wir die Freiheit, für die wir freigemacht sind und wünschen, durch den Heiligen Geist zu leben. Dann wird die Frucht des Geistes hervorkommen, die Gott bei uns sucht.
Christian Rosenthal
Andere Bibelstellen zeigen im Bild der Stadt Jerusalem das besondere Teil der Versammlung Gottes, zu der alle Glaubenden der Gnadenzeit gehören.
So weit geht der Galaterbrief nicht. Er zeigt einfach, dass alle Glaubenden aller Zeiten zu dem Jerusalem droben gehören, zu der Stadt, die durch Freiheit gekennzeichnet ist und zum Himmel gehört.
Fußnoten: